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Zusammenpassungen

Um weitere Einsichten in räumliche Aspekte der Geweihfundverteilung zu erhalten, um eine erste Annäherung an technologische und funktionale Gesichtspunkte zu versuchen und um der Frage weiter nachzugehen, ob das vorliegende Geweihmaterial in sich geschlossen ist, wurden Zusammenpassungsversuche durchgeführt. Die recht gute Erhaltung der Geweihfunde bildete für die Zusammenpassungsversuche eine gute Voraussetzung. Die detaillierte morphologische Beschreibung des Geweihmaterials erlaubte eine gezielte Durchführung systematischer Zusammenpassungsversuche. Als Zusammenpassungen werden hier ausschließlich mechanische Zusammenpassungen verstanden, d.h. nur solche Zusammenpassungen von Geweihelementen werden berücksichtigt, deren korresspondierende Bruchstellen eindeutig aneinanderpassen. Es wurden 83 Zusammenpassungseinheiten gefunden, zu denen 187 Stücke gehören. Demnach sind 6,63% des Geweihmaterials an Zusammenpassungen beteiligt.

Eine quellenkritische Bewertung der Liste der Zusammenpassungen zeigt, daß für einige Zusammenpassungseinheiten nur unvollständige dreidimensionale Dokumentationen vorliegen, das gilt insbesondere für die Schwemmfächerfunde aus den frühen Ausgrabungsjahren, sowie für die Seekalkfunde des Planums a. Außerdem lassen sich Spaltenfüllungen in der vorliegenden Dokumentation oft als solche nicht klar erkennen. 5 Zusammenpassungseinheiten (Nr. 79, 80, 81, 82, 83) werden bei den folgenden nicht berücksichtigt, weil sie sicher auf moderne Störungen zurückzuführen sind. 42 Zusammenpassungseinheiten (Nr. 2, 3, 6, 8, 11, 12, 13, 14, 25, 27, 28, 29, 32, 34, 36, 41, 42, 45, 46, 47, 48, 49, 50, 51, 52, 53, 54, 55, 56, 59, 61, 62, 63, 64, 65, 66, 67, 68, 70, 73, 74, 76 in umfassen jeweils mindestens 1 Element, das lediglich dem Fundquadrat, nicht aber nach Lage oder stratigraphischer Position einordenbar ist.

14 Zusammenpassungseinheiten stammen aus dem Planums a, d.h. aus dem Seekalk (Nr. 23, 30, 31, 33, 35, 37, 38, 39, 40, 43, 44, 57, 58, 60). Sie können nur dem jeweiligen Grabungsquadrat zugeordnet werden. 22 Zusammenpassungseinheiten (Nr. 1, 4, 5, 7, 9, 10, 15, 16, 17, 18, 19, 20, 21, 22, 24, 26, 69, 71, 72, 75, 77, 78) sind hinsichtlich ihrer Lage besser dokumentiert. Diese Zusammenpassungseinheiten stammen aus den Plana b + c im Uferterrassen- und Pflasterbereich, sowie aus dem Schwemmfächerbereich, und dort aus unbekannter stratigraphischer Position innerhalb der Travertinsande.

Werden außer den zuletzt genannten 22 Zusammenpassungseinheiten die unvollständig dokumentierten Zusammenpassungseinheiten nur kartiert, wenn längere Zusammenpassungsdistanzen vorliegen, sowie die Seekalkfunde weggelassen, so lassen sich insgesamt 40 Zusammenpassungseinheiten in ihrer räumlichen Verbreitung darstellen. Die meisten kartierten Zusammenpassungseinheiten (Abb. 29) gehören jeweils einer Fundschichtfacies an, die wenigen Ausnahmen belegen jedoch Verbindungen zwischen der Schwemmfächerfacies und der Uferterrassenfacies.

abb 29
Abb. 29: Kartierte Zusammenpassungseinheiten. (klicken für Liste der Zusammenpassungseinheiten)

Für Aussagen über die stratigraphischen Beziehungen zwischen Material aus dem Schwemmfächer und von der Uferterrasse wären die Zusammenpassungseinheiten Nr. 10 und Nr. 13 von Interesse, fehlende Dokumentation der stratigraphischen Herkunft der Schwemmfächerfunde verhindert jedoch eine genauere Einsicht. Das ist im Hinblick auf Fragen der site formation bedauerlich, sind doch die Travertinsande 10-100cm mächtig. Aus stratigraphisch unterschiedlichen Positionen stammen vermutlich auch die Zusammenpasssungseinheiten Nr. 14 und Nr. 28. Sie würden die Plana a + b, bzw. a + c miteinander verbinden. Sicher aus verschiedenen stratigraphischen Positionen stammen die Zusammenpassungseinheiten Nr. 36 und Nr. 45, beide verbinden die Plana a + b miteinander; beide gehören zu den nicht kartierten Zusammenpassungseinheiten. Alle weiteren Zusammenpassungseinheiten sind ihrer stratigraphischen Herkunft entweder unklar, oder jeweils eindeutig einem Planum, aus einem der drei in Zusammenpassungen ausgegliederten Facies (A = Schwemmfächer; B = Uferterrasse; C =Pflaster) zuzuordnen.

Die quellenkritische Auflistung zusammenpassender Elemente (Tab. 4) führt die bestmöglichen stratigraphischen Zuordnungen auf.

Tab. 4: Quellenkritische Auflistung zusammenpassender Elemente entsprechend ihrer stratigrafischen Position.

ZusammenpassungunklarPlanum aPlanum bPlanum cSchwemmfächer
Stange- Augsproß1-223
Stange- Eissproß2-326
Stange- Stange5-326
Stange- Krone--114
Schädel- Schädel1-2-4
Basis- Basis--1-2
Augsproß- Augsproß--113
Krone- Kronensproß--11-
Geweihsproß- Geweihsproß1101-7
Kronensproß- Kronensproß64-14
Geweihfragment- Geweihfragment---- 1

Umfaßt eine Zusammensetzungseinheit mehr als zwei Elemente, so wurden die beteiligten Zuammenpassungen einzeln aufgeführt. In der Rubrik Zusammenpassung wurden unter: Stange- Stange alle jene Zusammenpassungen aufgeführt, welche im Stangenbereich, einschließlich Geweihbasen und oberer Stangen gefunden wurden; die Zeile: Schädel- Schädel bezeichnet jene Zusammenpassungen, welche entlang der Bruchstellen am Stirnbeinrest der schädelechten Geweihfragmmenten gefunden wurden. Zusammenpassungen von Geweihsproßfragmenten stammen überwiegend aus Planum a, sowie aus den Schwemmfächerquadraten. Andere Zusammenpassungen stammen nicht aus Planum a, einschränkend ist aber auf die unklaren Zusammenpassungen zu verweisen. Aus Planum b und aus Planum c stammen zusammem etwas weniger Zusammenpassungseinheiten als aus dem stratigraphisch ungegliedert dokumentierten Schwemmfächer.

Es stellt sich die Frage nach der Distanz der zusammenpassenden Stücke jeder Zusammenpassungseinheit. Sinnvolle Distanzangaben verbieten sich für zusammenpassende Elemente aus Planum a und für nicht kartierte Zusammenpassungseinheiten: die minimale Distanz zwischen zwei zusammenpassenden Funden aus ein und demselben oder aus zwei benachbarten Quadraten ließe sich mit 1cm beschreiben; die Maximaldistanzen hingegen würden, bei der in Bilzingsleben üblichen Kantenlänge von 1,5m pro Grabungsquadrat, für erstere mit 2,1m und für letztere mit 3,4m anzunehmen sein. Zusammenpassungen, die hinsichtlich ihrer Quadratzugehörigkeiten beurteilt werden können, zeigen folgende räumliche Verbreitungen:

Insgesamt fällt das deutliche Überwiegen von Zusammenpassungen (n = 51) aus jeweils demselben oder dem benachbarten Quadrat, gegenüber solchen (n = 22) aus weiter entfernt liegenden Quadraten auf.

In der Gruppe der 22 exakt dokumentierten Zusammenpassungseinheiten (Nr. 1, 4, 5, 7, 9, 10, 15, 16, 17, 18, 19, 20, 21, 22, 24, 26, 69, 71, 72, 75, 77, 78 ergeben sich folgende Entfernungsverhältnisse:

Die größte Gruppe der Zusammenpassungseinheiten aus dem Nahbereich zeigt folgende Distanzverteilungen:

Es zeigt sich eine Dominanz sehr nah beieinander liegender Zusammenpassungen. Insgesamt überwiegen Zusammenpassungen mit Distanzen < 1m und < 5m. Größere Entfernungen sind seltener. Die für jede Zusammenpassung beobachteten Bruchmuster kommen auf alle Distanzkategorien verteilt vor. Überwiegend bilden nur zwei Elemente je eine Zusammenpassungseinheit.

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© Internet Archaeology URL: http://intarch.ac.uk/journal/issue8/vollbrecht/deu/7.html
Last updated: Wed Sep 20 2000